Die Nummer Acht und die Nummer Neun in der weltweiten Automobilherstellung schlossen sich im Januar 2021 zum Konzern Stellantis zusammen. Dieser wird mit seiner gemeinsamen Produktion den Konzern General Motors überholen und dem fünftgrößten Automobilunternehmen, der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi, die hauptsächlich im Bereich der Elektromobilität den Vorsprung hält, auf die Fersen treten. Was bringt die Liaison von FCA und PSA? Und überleben alle ihre 15 Marken?
Was Sie im Portfolio von Stellantis finden
Im Angebot der Marken des Konzerns Stellantis ist ein relativ breites Spektrum der Automobilmarken zu finden. Für die Luxuswagen ist hier die italienische Klassik Alfa Romeo, Maserati, die dahinsiechende Marke Lancia und die Finalversion von Fiat – Abarth präsent. Die Franzosen fügen wiederum den sich neu entwickelnden Luxussprössling Citroën DS hinzu, welcher zunehmend durch das eigenwilligere und unabhängigere Produktportfolio ebenso wie im Falle von Genesis und Hyundai zu Leben erwacht.
Ferner sind hier die Mainstream-Marken vertreten – für die amerikanische Klassik stehen hier Chrysler, Dodge, sein Spin-off und der heute bereits ikonische RAM sowie auch der Jeep, der sich als einziger auch in Europa durchzusetzen vermochte. Vom ursprünglich deutsch-britisch-australischen Teile haben wir hier Opel und Vauxhall, für Italien ist Fiat präsent, während die Franzosen mit Peugeot und Citroën aufwarten. Während die amerikanischen Automobilunternehmen Reserven in Europa haben, haben wiederum die europäischen Schwierigkeiten, in den USA und in Kanada auf den grünen Zweig zu gelangen. Für den Rest Nord- und Südamerikas gilt dies weniger.
Darüber hinaus gehören die Nutzfahrzeuge hierher. Durch diese sind seit langen Jahrzehnten vor allem Peugeot und Citroën, jedoch auch der italienische Fiat Professional bekannt. Letzterer liefert dank der Zusammenarbeit im Rahmen von FCA seit Jahren seine Produkte auf den amerikanischen Markt, und zwar unter der Marke Ram Trucks.
Und schließlich ist der fehlende Part des Puzzles die Gesellschaft Mopar, ein ursprünglicher Geschäftsbereich von Chrysler, die sich um Ersatzteile, den Service und die Kundenbetreuung für die Marken aus dem Portfolio des ursprünglichen Konzerns Chrysler, somit Chrysler, Dodge, Jeep, Ram Trucks und früher auch die Marken Plymouth, Imperial und DeSoto, kümmert. Mopar kümmert sich gelegentlich auch um Special Editions dieser Marken wie zuletzt um Mopar 2017 Dodge Challenger.
Einsparungen und Synergien
Die Fusion von FCA und PSA zu einem einzigen Konzern Stellantis bringt das, was ein jeder Zusammenschluss von Unternehmen bringen soll – Einsparungen und Synergien. Die Höhe der Einsparungen ist dabei bereits vorher bekannt. Auch wenn alle Fabriken weiterhin offenbleiben und die derzeitige Produktion aufrechterhalten, soll Stellantis Einsparungen von 6 Milliarden Dollar jährlich bringen. Woher will sie Stellantis nehmen?
Erstens, durch Teilung von Modulplattformen und Motoren, wie dies seit Jahren äußerst erfolgreich die VW-Gruppe betreibt. Ein Problem ist hierbei, dass die nordamerikanischen und europäischen Anforderungen an die Emissionen von NOx a CO2 nicht gerade kompatibel sind. Wobei insbesondere in Europa auch zahlreiche japanische Automobilunternehmen und in den USA zahlreiche europäische draufzahlen. Selbst wenn wir jedoch das allzu komplizierte Sharing der Motoren außer Acht lassen, können allein in Europa Fiat und PSA in diesem Bereich wesentlich profitieren.
Das Teilen der Kosten für die Entwicklung der E-Autos und der Hybride, und zwar einschließlich der Akkus, der Ladestationen, der ökologischen Entsorgung etc., ist ein extrem wichtiger Punkt. Wie übrigens auch Renault-Nissan-Mitsubishi zeigt, muss man für die E-Mobilität wirklich groß sein. Tesla gilt zwar langfristig als Synonym der E-Autos, verdient jedoch hieran nicht allzu viel Geld. Der französisch-japanischen Allianz geht es weitaus besser. Einerseits hält sie immer noch die Position der Nummer Eins im E-Autoverkauf, und andererseits verblutet sie hieran nicht.
Einsparungen in puncto Marketing und Verkauf sind auch zu erwarten. Sofern Stellantis den Weg von VW beschreitet, was Mopar bzw. Chrysler in den USA taten, und nicht z.B. Hyundai/KIA wie früher PSA, kann es sehr wohl geschehen, dass gemeinsame Multi-Brand Dealerships & Services in Erscheinung treten. Indem die Marken zunehmend einzelne Schlüsselkomponenten teilen, ist dies obendrein logisch. Für Dealerships & Services wird dies allerdings häufig den Bedarf mit sich bringen, neue CRM-Systeme anzuschaffen, die sich mit dem Multi-Brand Rat wissen und in der Lage sind, die Daten quer durch alle Firmen-Apps, mit dem Marketing und den DMS zu teilen. Ein solches System ist unter anderem Automotive CRM von Konica Minolta, welches auch einen 360°-View auf den Kunden in Bezug auf die Marken bietet.
Wie das wechselseitige Parasitieren der Marken gelöst wird
Stellantis hat im Unterschied zu VW ein sehr elegantes, vielschichtiges Portfolio der Pkw-Marken. Schon Chrysler selbst ging den Weg der Diversifizierung der Modelle und der Spezialisierung der einzelnen Marken, indem es Jeep, Ram Trucks und Dodge mit dem Portfolio der Produkte fast völlig beiseitelässt. Auch Fiat vermochte elegant, Unterschiedlichkeiten herauszuarbeiten, indem sich Fiat, Lancia – zum Zeitpunkt, als es noch ein breiteres Produktportfolio hatte, Alfa Romeo und Maserati de facto in der Zielgruppe gänzlich verfehlten. PSA hatte es in dieser Hinsicht schlechter, Citroën und Peugeot vermochten jedoch markant eine abweichende Designlinie und einige Spezialitäten zu kreieren, was Citroën für sich behielt. PSA, geheiratet von Opel und Vauxhall, zielt mit seinen Produkten absolut neben ihre ursprüngliche Zielgruppe und verfehlt sich auch mit Fiat und seinen Marken.
Das Einzige, wo sich FCA und PSA, genauer Fiat und PSA, ins Gehege kommen, sind die Nutzfahrzeuge. Dort können jedoch große Einsparungen aus dem Umfang winken. Dies kann Stellantis insbesondere in einer Situation zugutekommen, in welcher der historische Erzfeind PSA in diesem Bereich – Renault – mit dem Gedanken spielt, die Zusammenarbeit im Bereich der Nutzwagen mit Daimler zu verlängern.
Insgesamt hat jedoch Stellantis die große Chance, jenen Problemen auszuweichen, mit denen VW konfrontiert ist, indem z.B. der Volkswagen Passat und der Škoda Superb de facto um identische Kunden kämpfen, wobei beide Marken auch der Schwester Audi A4 zumindest etwas die Kunden streitig machen. Dennoch ist es jedoch wahrscheinlich, dass das Produktporfolio von Stellantis schlanker wird. Übrigens sind die Zahlen der neu auf den Markt gebrachten Modelle von Lancia, Alfa Romeo, Abarth oder Fiat schon jetzt keineswegs hoch.
Stärkung in Amerika und Europa, Expansion in Asien und Afrika
Der Konzern Stellantis plant jedoch nicht nur Einsparungen. Im Gegenteil. Er will gemeinsam jene Märkte erstürmen, wo das Geschäft bisher weniger gut läuft. Namentlich Asien (vor allem China und der Mittlere Osten) und Afrika. Für diese drei Regionen hat bereits das derzeitige Portfolio der Produkte etwas zu bieten. Unter anderem haben im Mittleren Osten Ram Trucks und Jeep überhaupt keine schlechte Position. Eventuelle Mult-Brand Dealerships sind hierbei in der Lage, für jede Region von den einzelnen Marken das herauszupicken, was für den Konzern am besten geeignet ist.
Daher ist es möglich, dass wir in Afrika oder im Mittleren Osten künftig den Dealerships von Stellantis ausschließlich für Wagen 4×4 – von den billigsten Wagen Peugeot, Citroën und Opel, über die eher Nutzfahrzeuge Ram Trucks, mehr Gelände-Jeep und Luxus-SUV von DS, Maserati oder Alfa Romeo begegnen. Ebenso ist daran zu erinnern, dass Stellantis eine Schlüsselrolle auch in der Kategorie der Minivans/MPV spielt, die in Asien immer noch ein begehrter Artikel sind. Auch dort kann die Kombination amerikanischer, großer MPV von Chrysler und Dodge die kleineren europäischen MPV von Citroën, Peugeot oder Opel überstrahlen. Lassen wir uns jedoch überraschen.
Verwendete Quellen
https://www.wheels.ca/top-ten/these-are-ten-biggest-automakers-in-the-world/
https://www.carscoops.com/2020/06/renault-boss-keen-on-rekindling-partnership-with-daimler/