Die Verbrennungsmotoren nähern sich dem Ende ihrer Lebensdauer. In Europa wird dies mit dem Jahr 2035 datiert, in den USA beginnt man über dasselbe Datum zu sprechen, das in Kalifornien bereits gültig ist. Aber das Ende der Verbrennungsmotoren wird eine entscheidende Sache auf dem Automarkt ändern – es wird die Haupteintrittsbarriere für chinesische Autohersteller beseitigen. Und sie können es kaum erwarten…
Das unscheinbare China dominiert den Elektrofahrzeugmarkt
Jeder, der sich zumindest ein wenig mit dem chinesischen Automarkt auskennt, weiß, dass es Dutzende einheimische Autobauer gibt, die buchstäblich um den lokalen Markt kämpfen. Und der ist nicht klein. Sofern er im Jahre 2010 noch einige Millionen verkaufte Autos pro Monat erreichte, waren es vor Ausbruch der Pandemie mehr als drei Millionen. Die Pandemie und die daraus resultierende globale Knappheit an Chips ließen den Umsatz im Juni auf etwas mehr als zwei Millionen senken, was ein Rückgang von 28 % gegenüber Dezember 2020 bedeutet, er brachte jedoch Rekordverkäufe von Elektroautos. Sie betragen bereits 15 % aller verkauften Fahrzeuge und ihr Anteil wächst stetig (um 160 % gegenüber dem Vorjahr). Und die chinesischen Autohersteller spucken ständig neue Modelle aus. Auch im Vergleich zu Tesla, das auf dem lokalen Markt sehr gut etabliert ist, ist das Produktionstempo enorm. Der chinesische Markt stellt dabei 50 % des weltweiten Elektrofahrzeugmarktes dar, und McKinsey erwartet, im Jahre 2030 über 9 Millionen Elektrofahrzeuge jährlich zu verkaufen.
Im ersten Halbjahr wurden in China 1,1 Millionen Elektrofahrzeuge verkauft, wobei neben Tesla mit den Modellen 3 und Y das Ranking der 10 meistverkauften Marken ausschließlich durch die chinesischen Hersteller besetzt wurde. Der Wuling Hong Guang MINI EV Mini Car mit unglaublichen 181.810 verkauften Stück ist ein besonders großer Erfolg. Der monatliche Absatz dieses Miniwagens erreicht in China ähnliche Zahlen wie der europäische Absatz des Volkswagens Golf. Die Top Ten werden durch die Autobauer BYD, Great Wall, GAC (GAIC), Li Xiang, Chang’an und Chery ergänzt. BYD greift dabei Tesla mit seinen Verkäufen vor allem in den letzten Monaten an. Aber die chinesischen Autobauer sehen es jetzt auch auf weitere Märkte ab.
Why China Is Beating The U.S. In Electric Vehicles
Unauffällige Erweiterung
Dass die Chinesen mit Dampf arbeiten können, sieht man am besten auf dem russischen Markt. Russland hat nicht so strenge Abgasgrenzwerte wie Europa oder die USA, daher kommen die Chinesen auch mit Verbrennungsmotoren hierher. Wie schnell der chinesische Autobauer erfolgreich sein kann, zeigt die Geely Gruppe, der chinesische Eigentümer von Volvo und 9,7 % Aktionär des deutschen Unternehmens Daimler, der im vergangenen Jahr eine neue Elektrofahrzeugmarke namens Zeekr gründete, die diesen Herbst das Licht der Welt erblicken soll. Die Geely Gruppe kam erst letztes Jahr nach Russland, und zwar im Rahmen ihrer Expansion außerhalb Chinas auf die Märkte auf den Philippinen, in Kuwait, Saudi-Arabien und Myanmar. In Russland bietet sie die SUVs Atlas, Coolray, Tugella und Atlas Pro an. Der zweite SUV, der auf der Technologie von Volvo basiert, kletterte im Juni 2021 unter die 25 meistverkauften Autos in Russland, wobei seine Absätze um 300 % gesteigert werden konnte. Der Coolray ist in Größe, Technik und Leistung mit dem Škoda Karoq zu vergleichen. Dieser ist im Preisvergleich in der Grundausstattung in Russland 14 % teurer, kostet aber bei vergleichbarer Motorisierung und Konfiguration fast doppelt so viel wie der Geely, der zudem fünf Jahre Garantie bietet. Geelys Herangehensweise an den russischen Markt legt nahe, wie eine solche Expansion im Bereich der Elektrofahrzeuge aussehen könnte. Der oben erwähnte Elektrowagen Wuling Hong Guang MINI kostet nur 4.500 USD, ein Drittel weniger als der vergleichbare Citroen Ami.
Das westliche Joint-Venture in China wird den Chinesen in den Westen verhelfen
Gleichzeitig kann die Expansion der Chinesen nach Westen viel schneller sein, als es den Anschein hat. Die Chinesen können von ihren Joint Ventures wie SAIC Volkswagen, SAIC GM, BAIC Hyundai, DPCA (Dongfeng und PSA), GAIC Toyota, GAIC Tesla und anderen profitieren. Die westlichen Autohersteller mussten sie als Voraussetzung für den Einstieg in den chinesischen Markt gründen. Ein weiterer Brückenkopf im Westen sind dann die Kapitalerschließungen zu westlichen Autoherstellern wie bei Geely oder SAIC (GM, Roewe).
China eroberte Norwegen im Sturm
Die Expansion der Chinesen in lukrative westliche Märkte hat bereits begonnen. In den lukrativsten – Norwegen, wo B/PHEV im Juni 2021 mit 17.323 verkauften Autos unglaubliche 84,9 % des Gesamtabsatzes erreichte, stieg im Juli die chinesische Gesellschaft BYD mit ihrem Familien-SUV Tang ein, von dem sie in diesem Jahr 1.500 Stück verkaufen will. Auf den skandinavischen Märkten ist BYD jedoch bereits mit seinen Elektrobussen aktiv. Einerseits ist der Einstieg in Norwegen viel einfacher als in die EU-Märkte, andererseits handelt es sich um den wettbewerbsstärksten Elektroautomarkt der Welt.
Gleichzeitig steht BYD wie in China vor allem mit Tesla vor einem Match, das mit ihrem Model 3 den Absatz in Norwegen gegenüber dem zweiten Ford Mustang Mach-E mehr als verdoppelte. Das Ziel von 1.500 verkauften Autos im ersten Halbjahr in Norwegen könnte BYD für den Platz 10 reichen, den der „britische“ Elektrofahrzeug MG ZS im ersten Halbjahr mit 1579 verkauften Autos belegte. Es sei jedoch daran zu erinnern, dass der Automobilhersteller MG Motor im Jahre 2005 von der chinesischen Nanjing Automobile Group gekauft wurde, einem Mitglied von SAIC, das ein Joint Venture mit VW und GM in China besitzt. Außerdem gehört der neunte Platz mit 2349 verkauften Autos in Norwegen dem Modell Polestar 2, also dem chinesischen Geely. Tatsächlich ist der Angriff chinesischer Elektroautos auf den Westen längst im Stillen zur Realität geworden.
Wie bereitet man sich auf die Chinesen vor? Sie haben keine Angst vor neuen Geschäftsmodellen
Die chinesischen Autohersteller haben längst verstanden, dass klassische Verkaufsmodelle tot sind bzw., dass sie bei den Elektrofahrzeugen nicht so gut funktionieren. Neben dem klassischen Modell des Autobesitzes oder des Leasings wird man in China häufig auf ein Modell des Akku-Leasings stoßen. Sie können ein Auto beim Autohersteller kaufen, aber Sie haben den Akku in Form einer Dienstleistung. Sie müssen sich über eine Kapazitätsreduzierung oder einen nachträglichen Austausch und um die Entsorgung überhaupt keine Sorgen machen. Die Chinesen beseitigen damit das größte Gespenst, insbesondere bei Autos mit geringer Akkukapazität, die logischerweise günstiger sind.
Darüber hinaus bieten einige Händler bereits ein anderes Modell an – Sie besitzen ein Fahrzeug ohne den Akku, Sie haben den Akku geleast, jedoch keinen bestimmten. Wenn Sie also schnell wegfahren müssen, lassen Sie den Akku beim Händler durch einen geladenen ersetzen und schon kann es losgehen. Natürlich sind solche Autos dafür angepasst, sodass der Austausch nur wenige Minuten dauert. Sehr beliebt ist hier auch Carsharing, bei dem man für eine bestimmte Anzahl von Minuten ein Elektrofahrzeug mieten kann.
Und wie können Sie sich auf die Expansion der Chinesen vorbereiten? Es ist wichtig, Ihre Kunden zu kennen und zu wissen, was sie von ihrem Auto erwarten. Sie müssen aber auch auf die schnelle Einführung neuer Geschäftsmodelle vorbereitet sein, die für westliche Automobilhersteller bislang ungewöhnlich sind. Dabei hilft Ihnen ein spezialisiertes flexibles Cloud Automotive CRM für Autohändler, das es nicht nur ganz einfach schafft, Ihr Portfolio um neue Marken und Modelle zu erweitern, sondern auch neue Service- und Vertriebsmodelle einzuführen und alle vorhandenen Informationen über Ihre Kunden zu nutzen.
Verwendete Quellen
https://www.reuters.com/article/us-autos-emissions-california-exclusive-idUSKBN2BE111
https://tradingeconomics.com/china/total-vehicle-sales
https://insideevs.com/news/522274/china-plugin-car-sales-june2021/
http://global.geely.com/media-center/news/geely-auto-2020-sales-reach-1-32-million-units/
https://insideevs.com/news/517969/norway-plugin-car-sales-june2021/