Die Werbung für den neuen Audi RS 4 kennt die ganze Welt. Doch nicht für die herausragenden Eigenschaften dieses Modells. Während sich Audi nur einem mäßigen Shitstorm stellen musste, könnte diese Art von Werbung für einen Händler katastrophale Folgen haben. Was macht eigentlich gute Werbung aus, und worauf sollte man dabei achten? 

Sexualisierte Darstellung von Kindern 

„Hiermit möchten wir uns für das unglücklich gewählte Bild entschuldigen und wir versichern Ihnen, dass wir das Bild künftig nicht mehr nutzen werden. Wir werden umgehend intern überprüfen, wie die Kampagne entstanden ist und ob Kontrollmechanismen versagt haben“, beteuert Audi seine neue Werbekampagne mit einem vierjährigen Mädchen, dass in einem kurzen Kleid, mit Sonnenbrille und Banane in der Hand lässig am Kühlergrill des neuen Audi RS 4 lehnt. Und darüber war der Werbeslogan zu lesen: „Lässt dein Herz schneller schlagen – in jeder Hinsicht“. Audi wollte damit angeblich Folgendes ausdrücken: „Der Audi RS 4 sei ein Familienwagen mit mehr als dreißig Fahrassistenzsystemen, inklusive eines Notfallbremssystems“, – das unter anderem ab Mai 2022 EU-weit in Neuwagen verpflichtend sein wird.  Doch es scheint, dass die Öffentlichkeit, zumindest auf Twitter, die Darstellung des Mädchens als zu sexualisiert empfunden hat.  Das zog einen ungeahnten Shitstorm nach sich. Audi war um eine Schlichtung bemüht und kam 26 Stunden nach der Veröffentlichung des Werbefotos mit einer Entschuldigung.  

 

Doch diese Wahrnehmung der Kritiker stieß bei einigen Nutzern auf Gegenwind, da sie weder die Banane als Phallussymbol noch das Mädchen in Erwachsenenkleidung als zu sexualisiert erkannten. Das wird auch der Grund dafür gewesen sein, warum es die Werbung bei Audi auf Twitter schaffte. Niemand kam auf die Idee, dass man das intern genehmigte Konzept des Audi RS 4 als eines Familienwagens so negativ auslegen könnte. 

Werbung mit zerstörerischer Wirkung 

In Zeiten der Corona-Pandemie und der sich vertiefenden Krise wird dieser Exzess genauso schnell vergessen sein, wie er entstand. Für Audi, mit mehr als 1,9 Millionen hergestellten Fahrzeugen pro Jahr, wird dieser Ausrutscher höchstwahrscheinlich keine wirtschaftlichen Folgen haben. Doch wäre dies einem Vertriebshändler passiert, hätte es auf dem lokalen Markt verheerende Folgen haben können. Der Händler würde bei seiner Zielgruppe negativ auffallen und seitens des Importeurs würde es wahrscheinlich auch an Kritik hageln. Und das ungeachtet der Tatsache, ob er die Werbekampagne vorher genehmigt hätte, oder nicht. Deshalb lautet der erste Ratschlag – zeigen Sie Ihre Werbung jemandem „von der Straße“. Jemandem, der nichts von Werbung versteht und der im Idealfall nicht zu Ihrer Zielgruppe gehört. Übrigens: die Mehrzahl der aufgebrachten Twitter-User gehört nicht zu überzeugten Audi-Fahrern. 

Drei Dinge, die Sie bei Werbekampagnen beachten sollten 

Gibt es heutzutage überhaupt noch etwas, was sich nicht negativ auslegen lässt und niemanden beleidigen kann? Diese Frage stellt man sich wahrscheinlich in fast allen Werbeagenturen. Doch die geplante Werbekampagne muss in Wirklichkeit nicht so risikoreich sein, wie es im Licht der Audi-Kritik erscheinen mag. Es genügt, drei einfache Regeln zu befolgen: 

  • Keine Sexualisierung von Kindern und Teenagern. Wer selbst gleichaltrige Kinder hat, wird hierauf sehr sensibel reagieren. 
  • Keine Sexualisierung von Frauen. Es gilt zwar immer noch, dass Sex für die nötige Aufmerksamkeit sorgt. Doch das muss nicht heißen, dass Sex auch verkauft.  Außerdem gilt diese Art von Aufmerksamkeit schon lange nicht als positiv. Sexismus in der Werbung ist out. Digitale Bearbeitung von Frauen in der Werbung ist ebenfalls out. Für das Erste werden nationale und internationale sexistische Negativauszeichnungen verliehen, und dem zweiten Thema widmen sich unzählige Influencer weltweit. Und außerdem kaufen auch Frauen Autos, und nicht nur Familienwagen. Deshalb sollten Sie mit Ihrer Werbung Frauen ansprechen, nicht beleidigen.  
  • Vergessen Sie „lustige“ Doppeldeutungen. Auch wenn sie manch einem Kunden gefallen, sie werden immer jemanden beleidigen. Auch vielleicht deshalb, weil er/sie die Doppeldeutigkeit nicht gleich erkannt hat. 

Lernen Sie aus den Fehlern der Automobilhersteller 

Gibt es eine genaue Anleitung dafür, um eine garantiert „gute“ Werbekampagne zu starten? Ja, es genügt, nicht die Fehler der Automobilindustrie zu wiederholen. Es gibt von der Öffentlichkeit gelobte Werbekampagnen, wie die von Porsche. Oder man lacht über sich selbst. Einige Audi-Händler haben heuer im August begonnen, zu ihren Autos auch Bananen zu verkaufen. Wer die Werbekampagne mit dem Mädchen ablehnt, der sieht darin eine Belustigung über Audi. Und wer die Werbekampagne mit dem Mädchen nicht so übel findet, der sieht darin eine Belustigung über die Kritiker. Und die Händler? Die verdienen daran, so oder so…